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Aktuelle Borkenkäfersituation in Sachsen

Aktualisiert am 20. Juni 2024

Großaufnahme eines Buchdruckers © Foto: Franz Matschulla

Borkenkäfer verursachen in den sächsischen Wäldern seit mehreren Jahren massive Schäden. Eine Entspannung der Situation ist bislang nicht absehbar. Auf dieser Seite finden Sie umfangreiche Informationen zur aktuellen und weiteren Entwicklung sowie Handlungsempfehlungen der Waldschutzexperten von Sachsenforst.

Weiterhin prägt die seit 2018 andauernde Massenvermehrung der Rinden- und Holzbrüter an Fichte, und hier insbesondere die des Buchdruckers, die Waldschutzsituation in Sachsen. Die mittlerweile rückläufigen Schadholzmengen geben zwar insgesamt Grund zur Hoffnung auf eine absehbare Entspannung der Befallssituation, gleichzeitig sind aber in bisher kaum betroffenen Regionen auch gegenläufige Trends zu beobachten. Insbesondere das Westerzgebirge und das Vogtland geben aktuell Anlass zur Sorge.

Das ungewöhnlich warme erste Aprilwochenende sowie die darauffolgenden Tage haben zu einem sehr zeitigen Schwärmbeginn von Buchdrucker und Kupferstecher geführt und die diesjährige Borkenkäfersaison deutlich früher als in den vergangenen drei Jahren eingeläutet. Anschließend kam die Käferaktivität durch einen bis in die letzte Aprilwoche andauernden Kälteeinbruch – welcher lokal sogar von tiefen Nachtfrösten begleitet wurde – allerdings wieder zu einem weitestgehenden Erliegen. Jetzt, Mitte Juni, hat sich nach einer Entwicklungszeit von ca. 9 Wochen die 1. Generation des Buchdruckers fertigentwickelt und anhand der erhöhten Aktivität in den Fallen des sächsischen Borkenkäfermonitorings ist davon auszugehen, dass aktuell in vielen Regionen Sachsens die Anlage der 2. Generation stattfindet bzw. kurz bevorsteht. Daraus resultiert ein Vorsprung von ca. 2 Wochen gegenüber 2023, bei einem gleichzeitig deutlich intensiveren Schwärmgeschehen.

Zwei grundsätzliche Schlussfolgerungen lassen sich aus der aktuellen Situation ziehen:

  1. Insgesamt steigt die Wahrscheinlichkeit für die erfolgreiche Anlage einer 3. Buchdruckergeneration auch in diesem Jahr erheblich an.
  2. Die verbreitete Überschreitung der kritischen Schwellenwerte für ein wahrscheinliches Auftreten von Stehendbefall (3.000 BDR/Woche und Falle) erhöht das Risiko für eine Intensivierung des Schadgeschehens in den betreffenden Fichtengebieten.

Unabhängig von der weiteren Witterungsentwicklung sollte das Augenmerk in den nächsten Tagen und Wochen verstärkt auf eine Kontrolle der gefährdeten Bestände gelenkt werden.

Übersichtskarte von Sachsen
Abbildung 1: Überschreitung kritischer Fangzahlschwellenwerte sowie Entwicklung zur Vorwoche an den Standorten des sächsischen Borkenkäfermonitorings (Stand: 24. Kalenderwoche) 

Schwärmverlauf in der Saison 2023:

Gerade im Hinblick auf die Populationsdichten des Buchdruckers, zeigte sich 2023 ein ähnliches Bild der Käferaktivität wie 2022 (vgl. Abbildung 2). Insgesamt war das Aktivitätsniveau erneut sehr hoch und äußert sich in kumulativen Fangzahlen, die auf fast drei Viertel aller Standorte deutlich über der kritischen Jahresmarke von 30.000 Buchdruckern je Dreifallenstern lagen. Auch waren Vogtland und Westerzgebirge sowie Teile des Oberlausitzer Berglandes mit hohen Käferzahlen auffällig. Gegenüber 2022 kam es bei einer Vielzahl von Monitoringstandorten zu einer erneuten Steigerung oder konnte zumindest eine ähnliche Entwicklung festgestellt werden. Generell war eine Zunahme der Fangzahlen in den mittleren und höheren Lagen der Mittelgebirge erkennbar. Des Weiteren sind das Zittauer Gebirge und der vordere Teil des Nationalparks zu nennen. Regionen mit Rückgängen in der Schwärmaktivität, wie der mittelsächsische Raum, blieben auch 2023 in der Minderheit. Infolge der hohen Temperaturen im Spätsommer bis in die mittleren Lagen hinein, war von der vollständigen Entwicklung einer 3. Generation, in den höheren Berg- und Kammlagen der Geschwisterbrut der 2. Generation auszugehen. In Verbindung mit den auffälligen Fangzahlanstiegen zu diesem Zeitpunkt, die gerade im Westerzgebirge und dort bis in die Kammlagen hinein festzustellen waren, führte dies zu einer hohen Zahl an überwinternden Käfern.

Übersichtskarte von Sachsen
Abbildung 2: Schwärmaktivität an den sächsischen Monitoringstandorten im Borkenkäferjahr 2023/2024 (Stand: 20.10.2023) 

Schwärmverlauf in der Saison 2023:

Die Ergebnisse des sächsischen Borkenkäfermonitorings im Jahr 2023 untermauern diese Einschätzung. Gerade im Hinblick auf die Aktivitätsdichten des Buchdruckers, zeigte sich ein ähnliches Bild der Käferaktivität wie 2022 (siehe Abbildung 1). Insgesamt war das Aktivitätsniveau erneut sehr hoch und äußert sich in kumulativen Fangzahlen, die auf fast drei Viertel aller Standorte deutlich über der kritischen Jahresmarke von 30.000 Buchdruckern je Dreifallenstern lagen. Auch waren Vogtland und Westerzgebirge sowie Teile des Oberlausitzer Berglandes mit hohen Käferzahlen auffällig. Gegenüber 2022 kam es bei einer Vielzahl von Monitoringstandorten zu einer erneuten Steigerung oder konnte zumindest eine ähnliche Entwicklung festgestellt werden. Generell war eine Zunahme der Fangzahlen in den mittleren und höheren Lagen der Mittelgebirge erkennbar. Des Weiteren sind das Zittauer Gebirge und der vordere Teil des Nationalparkes zu nennen. Regionen mit Rückgängen in der Schwärmaktivität, wie der mittelsächsische Raum, blieben auch 2023 in der Minderheit. Infolge der hohen Temperaturen im Spätsommer bis in die mittleren Lagen hinein, war von der vollständigen Entwicklung einer 3. Generation, in den höheren Berg- und Kammlagen der Geschwisterbrut der 2. Generation auszugehen. In Verbindung mit den auffälligen Fangzahlanstiegen zu diesem Zeitpunkt, die gerade im Westerzgebirge und dort bis in die Kammlagen hinein, festzustellen waren, führte dies zu einer hohen Zahl an überwinternder Käfern.

Befallsholzentwicklung:

Auch bei der Entwicklung des Befallsholzanfalls ist der Trend regional unterschiedlich, im Gegensatz zur Schwärmaktivität aber insgesamt klar rückläufig. In den bisherigen Hauptschadgebieten in Ostsachsen, im sächsischen Hügelland und im Elbsandsteingebirge, einschließlich dem Nationalpark Sächsische Schweiz, gehen die Befallsholzmengen tatsächlich deutlich zurück. Im Erzgebirgsraum allerdings liegen die bis zum Jahresende erfassten Mengen (siehe Abb. 3) analog zu den Fallenfangergebnissen teils erheblich über den zum selben Zeitpunkt registrierten Vorjahreswerten. Eine besonders starke Zunahme ist vor allem im Westerzgebirge und im Vogtland zu beobachten (siehe Karte). Es ist zudem zu erwähnen, dass die Intensität des Befallsgeschehens für diese Regionen zwar durchaus besorgniserregend ist, dennoch deutlich schwächer verlief als es bspw. in den letzten Jahren im ostsächsischen Raum der Fall war. Entsprechend „positiv“ stellt sich die Bilanz somit für ganz Sachsen dar.

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Abbildung 3: Im Borkenkäferjahr 2023/24 (FSKB-Meldungen im Zeitraum 01.06.-31.12.2023) von Buchdrucker befallenes Schadholz in Kubikmetern in den Landkreisrevieren (alle Eigentumsarten)  © Grafik: Franz Matschulla

Insgesamt beläuft sich die in den letzten Jahren in den sächsischen Wäldern allein durch den Buchdrucker verursachte Befallsholzmenge mittlerweile auf über 7 Mio. m³. Davon entfielen immerhin noch 0,85 Mio. m³ auf das Borkenkäferjahr 2022/2023 und zum Ende des zurückliegenden BK-Jahrs 2023/2024 wurden 371.000 m³ registriert. Dies entspricht weniger als der Hälfte der Vorjahresmenge.

Einen umfassenden Überblick über das Befallsgeschehen im letzten Jahr finden Sie hier: Rückblick 2023

Regionalisierte Modellierung der Buchdruckerentwicklung mit Phenips plus

Seit August 2023 besteht in Sachsen die Möglichkeit, die bisher nur stationsweise (bzw. auf Borkenkäferregionen bezogene) Modellierung der Buchdruckerentwicklung auch auf Basis eines 1x1 km Rasters vorzunehmen (Abbildung 4). Dies ist mittlerweile möglich, da der Deutsche Wetterdienst (DWD) die erforderlichen Daten deutschlandweit zur Verfügung stellt. Zudem ist auch hier die bekannte 7-Tages-Prognose implementiert. Damit kann nun wesentlich genauer die für den jeweiligen Waldbesitzenden relevante Region ausgewählt und das dort aktuell anzutreffende Entwicklungsstadium des Buchdruckers abgelesen werden. Für eine bessere Übersichtlichkeit erfolgt außerdem eine Trennung nach Generationen und Geschwisterbruten. Über eine Schieberegler ist auch die zeitliche Entwicklung der einzelnen Generationen sowie der Gesamtentwicklung visualisierbar.

Übersichtskarte von Sachsen
Abbildung 4_1: Mit Phenips plus modellierter Entwicklungstand des Buchdruckers zum 10. August 2023 (2. Generation) 
Übersichtskarte von Sachsen
Abbildung 4_2: : Mit Phenips plus modellierter Entwicklungstand des Buchdruckers zum 17. Juni 2024 (Anlage der 2. Generation) 

Die überdurchschnittlichen Niederschläge während der Wintermonate haben zum Winterausgang zu einer weitestgehenden Entspannung der Wasserhaushaltssituation in den sächsischen Wäldern geführt. Daraus resultiert grundsätzlich eine höhere Abwehrkraft der Fichten gegenüber einem Befall durch rindenbrütende Borkenkäfer.

Im folgenden März sowie in der ersten Aprilwoche waren die Temperaturen im Vergleich mit dem langjährigen Mittel deutlich zu warm. Entsprechende Transpirationsverluste waren in Kombination mit der beginnenden Vegetationsperiode die Folge. Parallel wurden viel zu geringe Niederschläge im März (< 50% des üblichen Mittels) registriert, sodass die Gefahr bestand, dass die flachwurzelnde Fichte recht schnell wieder in einen Zustand des Wasserstresses gerät und so deren Anfälligkeit gegenüber Befall erneut zunimmt. Ein signifikanter Temperaturrückgang, teilweise verbunden mit verbreiteten Nachtfrösten entschärfte die Situation in den folgenden Wochen. Erst ab Anfang Mai erreichten die Temperaturen wieder Bereiche, die intensivere Schwärmaktivitäten zuließen. Allerdings fehlten bis Mitte Juni weitestgehend die für die Befallsdynamik wichtigen längeren warm/ trockenen Phasen (vgl. Abb. 5).

Liniendiagramm
Abbildung 5: Kumulierte Niederschlagsmengen der Waldklimastationen ab 01.11.2023 (rote Linie) im Vergleich zum Mittelwert der Klimaperiode 1991 - 2020 (grüne Linie), einschl. der Schwankungsbreite in diesem Zeitraum 

Der Witterungsverlauf in den nächsten Wochen wird maßgeblich das diesjährige Schadpotenzial der derzeit ausfliegenden Borkenkäfergeneration beeinflussen. Bisher deuten die Prognosen der Wetterdienste allerdings nicht darauf hin, dass länger anhaltende Hochdruckphasen mit hohen Temperaturen und weitestgehender Niederschlagsfreiheit unmittelbar bevorstehen. Hochsommerlicher Temperaturen jenseits der 30°C-Marke werden erst Anfang Juli erwartet.

Einen Überblick über die aktuelle Bodenwasserhaushaltssituation in Deutschland ermöglicht der Bodenfeuchteviewer des DWD. Mittlerweile ist es sogar möglich, sich in einer Betaversion über das Menü „Bewuchs“ gezielt die Situation unter Fichte abzurufen

Für Sachsen kann zudem auf die Bodenfeuchteampel (Prototyp!) zurückgegriffen werden

Die Folgen des intensiven Schwärmfluges der 1. Generation in der 24. KW werden erst in den nächsten Tagen und Wochen zutage treten. Die Witterungsverhältnisse in diesem Zeitraum bestimmen dabei maßgeblich das von dieser Generation ausgehende Schadpotenzial. Die Höhe der Fallenfänge bzw. die Intensität des Schwärmfluges deuten auf eine weiterhin hohe Populationsdichte hin, die bisher allerdings nicht mit den registrierten Befallsmengen korrespondiert. Das verbreitete Erreichen von diesjährigen Maximalanzahlen in der wöchentlichen Fangzahlstatistik gibt Anlass zur Sorge und kann zu einer deutlichen Dynamisierung des Schadgeschehens führen.

Auf Grund der Informationen aus Waldschutzmeldewesen und Borkenkäfermonitoring muss davon ausgegangen werden, dass der Buchdrucker weiterhin der bestimmende biotische Schadfaktor an der Baumart Fichte bleibt. Die Populationsdichten sind weiterhin hoch. Treffen mehrere die Entwicklung des Buchdruckers begünstigende Faktoren räumlich und zeitlich zusammen, kann sich auf regionaler Ebene schnell erneut eine schwer kontrollierbare Dynamik mit entsprechendem Schadpotenzial entwickeln.

Im sechsten Jahr der Borkenkäferkalamität sollten die wesentliche Schritte im Umgang mit dem Käfer bereits Routine sein, dennoch hier noch einmal die wichtigsten Aufgaben und Empfehlungen für die nächsten Tage und Wochen:

  • Die Suche gilt vor allem dem Auffinden der Befallsbäume anhand von frischem braunen Bohrmehl und ggf. weiteren Befallsmerkmalen. Anzumerken ist, dass dieses eigentlich sichere Merkmal für aktiven Stehendbefall unter den gegebenen Witterungsbedingungen deutlich schwieriger zu erkennen ist, als bspw. in den letzten Jahren.
  • Schwerpunkte der Suche sind weiterhin Bereiche mit zurückliegendem Befall sowie trockenheits- und wärmeexponierte Bestandesränder und Südhänge. Jedoch ziehen sich die Käfer temperaturbedingt zunehmend auch in das Bestandesinnere zurück und verursachen dort relativ diffusen Initialbefall. Sind die entsprechenden Voraussetzungen (Befallsdruck, Schwärmbedingungen) gegeben, können sich diese Herde schnell vergrößern bzw. neue Herde entstehen. Häufige Nachkontrollen sind angezeigt.
  • Das Kontrollintervall ist abhängig von der herrschenden Witterung. Bei Maximaltemperaturen > 16,5 °C sollte im Rahmen eines kurzen, idealerweise wöchentlichen, Kontrollturnus versucht werden, möglichst einen Großteil der frisch besiedelten Bruthabitate zu erkennen und in der Folgezeit zu beräumen. Höhere Temperaturen haben eine höhere Käferaktivität und eine schnellere Entwicklung zur Folge! Das Optimum liegt dabei bei Temperaturen um die 30°C.
  • Nach der Erkennung sollte umgehend die Beräumung erfolgen, so dass die Sanierung mit den bekannten Maßnahmen und nach Möglichkeit ohne die ultima ratio eines Insektizideinsatzes erfolgen kann.

Hilfestellung über das aktuelle Schwärmgschehen geben dabei die Ergebnisse nahegelegener Monitoringstandorte, sowie die 7-Tages-Prognose des Phänologiemodells Phenips, welches inzwischen auch über eine rasterbasierte Variante eine wesentlich genauere Eingrenzung des betreffenden Waldgebietes ermöglicht.

Wie bereits erwähnt steigen die Temperaturen in den nächsten Tagen zwar sukzessive an, werden aber in den meisten fichtendominierten Regionen erst Ende Juni bzw. Anfang Juli Maximaltemperaturen jenseits der 30°C Marke und damit dem Entwicklungsoptimum des Buchdruckers erreichen. Zudem werden immer wieder gewittrige Niederschlagsereignisse prognostiziert. Eine stabile niederschlagsfreie Hochdrucklage ist momentan nicht in Aussicht. Im Detail kann über

Vorhersage des DWD

der erwartete Trend am Beispiel der DWD-Station Dresden-Klotzsche eingesehen werden. Wie bei jeder Prognose gilt: Mit zunehmender Prognosedauer sind die getroffenen Aussagen noch mit Vorbehalt zu betrachten.

Die Witterungsbedingungen der kommenden Tage erlauben den bereits angelegten Bruten eine zügige Entwicklung. Parallel kommt es momentan verstärkt zur Anlage von Rammelkammern und Muttergängen. Das dabei ausgeworfene Bohrmehl ist der zuverlässigste Zeiger für frischen Befall. Eine effektive Suche wird allerdings durch die erwarteten Niederschläge erschwert.

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